Mit dem Koffer in die Wüste

Der Sun-Cutter ist der erste Versuch eines Desert Manufacturings, einer Produktionsstätte in der Wüste, wo Energie (Sonne) und Rohstoffe (Sand) in Hülle und Fülle vorhanden sind. Siliziumreserven in Form von Quarz sind in der Wüste unerschöpflich. Entworfen hat die Solarmaschine der Deutsche Markus Kayser (30) und in der Sahara getestet. Was ist aus dem Experiment geworden?

Von Peter Reischer

Produktionsstätte Wüste ©Foto: Nicole Losos

Das erste Gerät transportierte Kayser im August 2010 in einem Koffer in die Wüste. Der mit Sonnenlicht angetriebene halbautomatische Low-Tech Laserschneider bündelt die Sonnenstrahlen durch eine Glaslinse und ist mit einer Kamerasteuerung versehen. Kayser schneidet mit dem Sun-Cutter 2D-Teile aus dünnem Sperrholz - teils in Handarbeit, teils mit von Natur erzeugter Energie.

Das Sahara-Projekt inspirierte ihn zu einer neuen Maschine, mit der Silizium-Sand bis zum Schmelzpunkt erhitzt wird, dann abkühlt und sich zu Glas verfestigt. Der Prozess, eine pulverförmige Substanz mit großer Hitze in eine feste Form zu bringen, wird als Sintern bezeichnet. Er hat in den letzten Jahren eine zentrale Stellung bei der Herstellung und dem Design von 3D-Modellen und Prototypen gewonnen und wird als 3D-Druck oder SLS (Selective Laser Sintering) bezeichnet.

Maschinendetails ©Markus Kayser

Vision von Architektur

Die erste handbetriebene Solar-Sintermaschine wurde dann von Kayser im Februar 2011 in der marokkanischen Wüste getestet. Die Resultate waren so ermutigend, dass sie zur Entwicklung einer größeren computergesteuerten Anlage führten – dem Solar-Sinter.

Wenig später testete er das Gerät in der Nähe von Siwa in Ägypten. Die Ergebnisse, die nun hier präsentiert werden, sind ein wichtiger Schritt zur sonnengesteuerten Produktion, die von einer Person bedient werden kann. Die zweite Maschine wird bereits über einen LCD-Bildschirm gesteuert. Die Objekte, die produziert werden sollen, sind über die SD-Karte einzugeben. Die Daten enthalten den Code, der die Maschine in der Sandbox entlang der X und Y-Koordinaten bewegt, während die Linse den Sonnenstrahl auf eine Temperatur zwischen 1.400 und 1.600 Grad fokussiert. Nun werden binnen weniger Stunden die einzelnen Schichten in der Sandbox aufgebaut, wobei jeweils nur die oberste Schicht sichtbar ist. Danach wird das Modell oder der Prototyp ausgekühlt. Seine Rückseite ist rau und sandig, die Oberfläche jedoch aus reinem Glas. Der Wüstensand gibt ihm je nach Zusatz oder Mischung seine Farbe.

Wüstensand mit Linsen und Solarmaschinen zu Wandflächen zu schmelzen, eröffnet ungeahnte Möglichkeiten in der Architektur. Experimente mit 3D- Druckern haben heute bereits architektonische Größenordnungen erreicht.

Fotos: Amos Field Reid, Nicole Losos, Markus Kayser